Man stelle sich eine Gegend vor, in der es keine Schilder gibt. Welcher Bauer würde sich wohl verlaufen, wenn er den Nachbarhof besuchen möchte? Hinter dem Wäldchen biegt er links ab, geht geradeaus bis zum Nussbaum, dann an der Steinmauer entlang und dort sieht er unten im Tal das rote Dach des Nachbarn, das unter den Zedern fast verschwindet. Solche Fragen stellen sich gar nicht. Man lernt die Antworten, während man Laufen, Sprechen und Sehen lernt. Zitat: Michael Serres „Die fünf Sinne“ Mehrzweckhaus der Gemeinde Hopfgarten in Osttirol mit Veranstaltungssaal, Cafe, Feuerwehr und Bauhof Die Gemeinde Hopfgarten liegt mitten in den Tiroler Alpen, zwischen schroffen Kalksteinbergen, auf 1107m Höhe über dem Meer. Die Berge im Süden und Norden der Ortschaft bilden eine vertikal aufgefaltete Landschaft. Durch die extreme Enge des Tales vermischen sich Nähe (Intimität) und Ferne (Ausgesetztheit) in Aus- und Einblicken zwischen den Häusern auf die Berge hinaus. Solch eine radikale Landschaft wirkt aber auch als formendes Element auf die vom Menschen gebaute Umgebung. Reale Kräfte der Natur wie Lawinen, Steinschlag, hoher Schneedruck und die steile Hanglage erschufen Häuser, die Schutz vor der rauen Umgebung bieten mussten. Formen und Materialien sind durch die auf das Haus einwirkenden Faktoren „in-formiert“: Lawine: Als Schutz vor der Lawine ist der dem Berg zugewandte Teil des Saales in Beton ausgeführt. Durch das Knicken der Betonwand wird diese versteift und leitet den Schnee über das Gebäude. Seitens der Behörde wurde durch diese Geometrie eine deutlich geringere Drucklast vorgeschrieben als bei einer vertikalen Ausführung. Die Wand ist mit dem im gegenüberliegenden Berg vorkommenden Stein verkleidet. Aus dieser Schutzwand entwickelte sich die gesamte Form des oberen Baukörpers, dessen Rest in Holzbauweise ausgeführt ist. Durch die geneigten Fassaden sind keine Vordächer nötig, die ansonsten in diesem Klima unumgänglich sind. Das Haus gleicht einem Findling, der auf einer Stützmauer im labilen Gleichgewicht zwischen Fallen und Verharren zur Ruhe gekommen ist. Äußere und innere Landschaft Im Gebäude unterzubringen waren die Funktionen des Mehrzwecksaales mit Cafe und Nebenräumen sowie die Feuerwehr mit Nebenräumen. Durch die Ausnutzung des steilen Geländes entstehen zwei Erdgeschosse – eine Verdoppelung des öffentlichen Raumes. Die Feuerwehr mit ihren großen Einfahrtstoren erhält im tiefer gelegenen Bereich einen großen Übungsvorplatz. Um eine stützenfreie Zufahrt zu gewährleisten kragt der obere Baukörper acht Meter frei aus. Der dem Dorf zugewandte höher gelegene Bereich dient als öffentlicher, dem Mehrzwecksaal und Cafe vorgelagerter Platz und kann vielfältig bespielt werden. Als Abgrenzung zur Landesstrasse ist der gesamte Platz erhöht angeordnet und wird über eine leichte Rampe erschlossen. Innenraumkonzept: Über diesen Platz betritt man das Foyer, welches mittels einer großen Faltwand großzügig zum Veranstaltungssaal hin zu öffnen ist. Der gesamte Innenraum ist als durchgehendes Raumkontinuum konzipiert, in dessen Mitte ein weißes Möbel steht. Diese „white box“ nimmt alle dienenden Funktionen, wie WC, Küche, Lüftungszentrale, etc., auf und bildet die Rückwand der roten Bar. Bei größeren Veranstaltungen kann das ganze Haus mit Café als ein großer Raum genutzt werden. Lediglich durch die Fußböden werden die einzelnen Nutzungsfelder zoniert: Im Café wurde ein Jaddish- Schiefer Boden verlegt . Dieser Boden steht mit seiner natürlichen Struktur in Verbindung zur äußeren Landschaft, da das Café großzügig, mit raumhohen Verglasungen nach außen gestaltet ist. Der Saal ist mit einem Parkettboden aus gedämpfter Buche (8mm) im englischen Verband ausgestattet. Dieser Boden vereinigt sich mit den Holzpaneelen der restlichen Raumbegrenzungen (Wände / Decken), um damit einen „hermetischen“ nach innen orientierten Raum zu bilden. Der Mehrzwecksaal ruht in sich selbst, das Café kommuniziert mit dem Außenbereich. Diesem Raumkonzept entsprechend wurden die Fußböden gewählt.